Drei Prozent beträgt der Marktanteil, den Bing im globalen Suchmaschinenmarkt laut Statcounter innehat. Damit ist Microsofts Suchmaschine zwar mit Abstand die zweitwichtigsten Suchmaschine der Welt vor Yahoo, Yandex, Baidu und Co. – doch Googles knapp 93 Prozent Marktanteil zeugen von einer Monopolstellung. Daran möchte Microsoft jedoch rütteln und hat, gemeinsam mit dem KI-Unternehmen OpenAI, nicht weniger als die Neuerfindung der Suche ausgerufen. Nachdem Google den eigenen KI-Chatbot Bard präsentiert hat, der für die Öffentlichkeit aber noch nicht zur Verfügung steht, hat der Tech-Konzern eine mit KI unterstützte Bing-Suche vorgestellt, die bereits für alle User verfügbar ist; allerdings handelt es sich noch um eine limitierte Preview.

Darüber hinaus erhält Microsofts Edge – hinter Chrome und Safari immerhin der drittmeistgenutzte Browser der Welt – eine KI-Optimierung, die Nutzer:innen sogar bei der Content-Kreation im Web unterstützt, zum Beispiel bei LinkedIn Posts. Die Künstliche Intelligenz werde jeder Software-Kategorie von Grund auf verändern, meint Microsoft CEO Satya Nadella. Das haben auch andere Tech-Konzerne erkannt: Apple hält einen internen AI Summit, Google möchte noch mehr KI-Produkte vorstellen und Baidu arbeitet bereits an einer ChatGPT-Konkurrenz. Der Wettlauf hat begonnen.

Microsoft Bing mit Prometheus Model: Besser suchen

Bereits in den vergangenen Wochen gab es Berichte über eine ChatGPT-Integration in der Suchmaschine Bing. Immerhin investiert Microsoft Milliarden in das Unternehmen dahinter, OpenAI. Zudem wurden kürzlich Screenshots geteilt, die die Testversion von Bing mit dem KI-Tool zeigen. Als Microsoft dann ein Event mit OpenAI ankündigte, erwartete die Branche bereits die Vorstellung der neuen Suchmaschinenversion – zumal auch Google neue KI-Search-Produkte vorstellen wollte. Jetzt ist es so weit, Microsoft hat der Welt eine neue Art zu suchen offiziell präsentiert. Dabei möchte der Konzern diverse eigene Dienste mit KI-Tools von OpenAI optimieren, aber bei der Suche beginnen. Satya Nadella erklärt:

AI will fundamentally change every software category, starting with the largest category of all – search. Today, we’re launching Bing and Edge powered by AI copilot and chat, to help people get more from search and the web.

Auf der Bühne weist er auf die nächste Entwicklungsstufe im Web hin. Das Web sei erst über Server geboren worden, habe sich dann über Mobile und Cloud-Dienste weiterentwickelt und stehe jetzt vor einer maßgeblichen Veränderung durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Die ersten Auswirkungen können User nunmehr bei Bing und im Edge Browser miterleben. Auf dem offiziellen Microsoft Blog stellt der Konzern die Neuheiten vor. Mithilfe der KI-Integration sollen Suchende ihre Fragen besser beantwortet bekommen. Dabei handelt es sich um eine überarbeitete Version eines Tools, das auf ChatGPT basiert, klangvoll Prometheus Model getauft und für die Suche zugeschnitten wurde. Bing liefert komplette Antworten auf Fragen und greift dabei auf diverse Quellen aus dem Web zurück. Diese Quellen sollen auch konkret angegeben werden. Außerdem bietet Bing einen interaktiven Chat für komplexere Suchanfragen oder gar Suchaufträge. Wer beispielsweise eine Reise plant, kann sich Details und Ideen, Orte, Kosten und mehr von der Suchmaschine zusammenstellen lassen. Auch dabei werden die Quellen verlinkt, was Publisher freuen dürfte.

Bing liefert im Chat ausführliche Vorschläge – samt Quellenhinweisen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bing
Bing liefert im Chat ausführliche Vorschläge – samt Quellenhinweisen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bing

The new Bing bietet auch Inspirationshilfe

Das neue Bing – der Name für die Neuerfindung ist tatsächlich The New Bing – kann auch Inspiration liefern, etwa beim Schreiben von E-Mails, Erstellen von Einkaufslisten oder sogar bei der Vorbereitung auf Job-Interviews.

Das neue Prometheus Model hat Microsoft bereits mit dem Core-Algorithmus für die Bing-Suche synchronisiert. Dadurch soll die Relevanz der Ergebnisse deutlich gesteigert werden. Microsoft erklärt:

We’re reimagining how you interact with search, browser and chat by pulling them into a unified experience. This will unlock a completely new way to interact with the web.

Möglich gemacht wird dieser Fortschritt auch dank der Entwicklung von Azure zu einem KI-Supercomputer. OpenAI konnte die Infrastruktur von Azure nutzen, um die eigenen KI-Modell zu trainieren und für die Suche zu optimieren. Dass ChatGPT bei Microsofts Azure OpenAI Service integriert wird, hatte Satya Nadella schon vor kurzem bestätigt.

Auch der Edge Browser wird durch KI neu gestaltet

Greg Brockman, Mitgründer und Präsident von OpenAI, zeigt sich auf Twitter erwartungsfroh hinsichtlich der neuen KI-Funktionen in Microsofts Edge Browser.

Zu diesen Funktionen zählen die Chat- und Compose-Integrationen. Damit können User in der Seitenleiste des Browsers nach Zusammenfassungen langer Reports fragen und beispielsweise über den Chat-Modus nach einem Vergleich mit anderen Berichten bitten – und sogar eine Tabelle mit Vergleichsdaten erstellen lassen, dank des Compose-Modus. Dieser kann Nutzer:innen aber auch dabei unterstützen, alltäglichen (Marketing) Content zu erstellen. Wenn User ein paar Prompts vorgeben, kann Edge im Compose-Modus auch LinkedIn-Texte formulieren und auf deine Bedürfnisse als Autor:in anpassen. Denn Edge kann laut Microsoft nachvollziehen, auf welcher Website du unterwegs bist und welche Nuancen gefordert sind.

Edge kann dank KI-Integrationen bei der Texterstellung auf LinkedIn helfen,  (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Microsoft
Edge kann dank KI-Integrationen bei der Texterstellung auf LinkedIn helfen, (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Microsoft

Bing ist samt KI-Integration auf dem Desktop bereits für alle User verfügbar, allerdings noch in der Lite-Version. Erst in den kommenden Wochen wird Microsoft eine erweiterte Version ausrollen, um noch mehr Feedback zu erhalten. Dann soll auch eine mobile Preview folgen. Für das neue Bing und die neuen KI-Optionen, die Edge liefert, können sich Interessierte jetzt auf die Warteliste setzen lassen.

KI-Konkurrenz allerorten: Google, Apple und Co. ziehen mit

Die große Ankündigung von Microsoft kommt in einer Zeit, in der diverse Konzerne an der Optimierung ihrer Dienste mithilfe von Künstlicher Intelligenz arbeiten. So wird Apple aller Voraussicht nach künftig ebenfalls neue Produkte im KI-Kontext launchen; darauf deutet zumindest der interne AI Summit hin, auf den der Bloomberg-Journalist und Apple-Experte Mark Gurman auf Twitter hinweist.

Im jüngsten Earnings Call erklärte Apple CEO Tim Cook, dass KI einen Hauptfokus des Konzerns darstelle und sagte:

We see enormous potential in this space to affect virtually everything we do […] It will affect every product and every service that we have.

Im Search-Bereich konkurriert Apple noch nicht mit Google und Bing. Baidu, die in China vorherrschende Suchmaschine, reagiert allerdings ebenfalls auf die Entwicklungen bei Microsoft und Alphabet und stellte das eigene KI-Chatbot Tool, den ERNIE Bot, vor. ERNIE steht für Enhanced Representation through Knowledge Integration und ermöglicht es Usern, im chinesisch- und englischsprachigen Kontext ausführliche und facettenreiche Antworten auf auch komplexe Suchanfragen zu erhalten.

Wie Sabine Gusbeth beim Handelsblatt berichtet, werden in China aber auch KI-generierte Inhalte von Baidus Diensten zensiert.

Wettkampf um die Vormachtstellung im KI-Bereich in vollem Gange

Der Baidu-Konzern möchte sich im Bereich KI-Entwicklung jedoch als weltmarktführend etablieren. Dieses Prädikat würden auch Microsoft und OpenAI sowie Alphabet beziehungsweise Google gern beanspruchen. Beide Konzerne haben bereits Prinzipien für den gewissenhaften Umgang mit Künstlicher Intelligenz veröffentlicht. Google hatte diese im Kontext der Vorstellung des KI-Chatbots Bard hervorgehoben, welche laut der Bank of America zu einem großen Wertgewinn der Google-Aktie führen dürfte. Dieses Tool ist eine direkte Antwort auf ChatGPTs Popularität, basiert auf dem Sprachmodell LaMDA (Language Model for Dialogue Applications) und soll ebenfalls nicht weniger erreichen als die Suche zu revolutionieren.

Während der Wettkampf der großen Tech-Konzerne um die KI-Vorherrschaft in eine heiße Phase eintritt, dürfen sich die User über zahlreiche neue und hilfreiche Features freuen, in der Suche und weit darüber hinaus.


Noch vor Bing hat Google einen KI-Dienst für die Suche vorgestellt: Bard. Allerdings können diesen vorerst nur sogenannte Trusted Tester ausprobieren, in den kommenden Wochen wird er für alle User bereitgestellt. Erfahre, was Bard kann und was Microsoft und OpenAI planen.

Google startet ChatGPT-Konkurrenz Bard – Microsoft zieht nach

© Google, Grafik zu Bard
© Google

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