Es ist der nächste Tiefschlag für die Ambitionen der Plattform X hinsichtlich des eigenen Renommees als Marketing-Umgebung. Die Plattform hat mehrere Anzeigen in den Following Feeds von Usern ausgespielt, die nicht ordnungsgemäß markiert waren. Davon berichtet Sarah Perez auf TechCrunch. Unklar ist dabei, ob es sich um einen technischen Fehler oder um Kalkül handelt.
Werbung, die erst durch User-Handlungen erkannt wird
In den Following Feeds auf X haben einige User neben organischen Postings und als Ads markierten Beiträgen auch Posts entdeckt, die eindeutig gesponserte Beiträge darstellen, aber nicht als solche markiert wurden.
Who was looking for screenshots of ads in the timeline not being labeled as ads in an open and shut FTC violation? pic.twitter.com/6C6zDKoV2Y
— You Gotta Give (@you_gotta_give) September 7, 2023
WOW. It looks like X is no longer marking all paid posts as “ads.”
A follower sent me this screenshot, saying that they viewed this unmarked ad from @realsaltlake a “couple of times” on the Following tab. pic.twitter.com/heBTQokU4O
— Nandini Jammi (@nandoodles) September 6, 2023
Wir selbst haben auf X noch keine entsprechenden Beiträge gefunden, doch das Team von TechCrunch hat diese Entdeckung geteilt und überprüft. Mehrere Posts, die werblichen Inhalt teilen, wurden ohne ein Werbe-Label in den Feed integriert. Dabei konnten die User, die diese Beiträge entdeckt haben, über das Dreipunktemenü direkt ermitteln, dass es sich trotz mangelnder Markierung um Werbung handelt. Denn im ausgeklappten Menü ließen sich Optionen wie „Warum sehe ich diese Anzeige?“ anwählen. Die unmarkierten Ads stammen vielfach von Sportvereinen und Medienorganisationen.
X hat Ads schon vorab weniger leicht erkenntlich gemacht
Eine Darstellung von Werbe-Postings ohne Markierung verstößt in Deutschland gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. In den USA verstoßen derlei Darstellungen gegen die Werbevorgaben der Federal Trade Commission (FTC). Daher ist davon auszugehen, dass X diese Maskierung von Werbebotschaften nicht bewusst angeordnet hat. Allerdings hat die Plattform erst vor Kurzem die Werbemarkierung derart angepasst, dass sie für viele User schwieriger zu erkennen ist. Neuerdings werden Ads mit einem grauen Label mit dem Schriftzug „Ad“ markiert. Dieses erscheint als kleine Hinzufügung im oberen rechten Post-Abschnitt, auf Höhe des X Handles.
Zuvor war die Markierung unterhalb der Engagement Buttons im Post zu finden; und in der deutschen App ist das noch immer der Fall, dort steht in dunklem Grau „Geponsert“, neben dem Hinweis verweist zudem ein Pfeilsymbol auf den werblichen Post. In den USA ist die neue Markierung jedoch schon zu finden – und laut Matt Binder von Mashable führt sie dazu, dass die Sponsored Posts organischen Postings noch deutlich ähnlicher sehen. Darauf verweist auch die Nutzerin milly bobby valentine auf X.
Look, the little bold print “promoted” label with the arrow at the bottom has been removed, and a skinny font “Ad” is placed in the top right corner, so now it just looks like this is an organic tweet naturally in your timeline pic.twitter.com/0VwfOLvkgd
— millie bobby valentine (@lvamsgatthebeep) July 28, 2023
Fehler mit Folgen?
Möglicherweise handelt es sich bei den ohne Label ausgespielten Ads nur um einen technischen Fehler. Bei einem so großen Medienunternehmen, das zudem noch in der Öffentlichkeit steht und direkt auf der eigenen Plattform mit Kritik der User umgehen muss, trägt ein solches Problem jedoch zum Image-Verlust im Werbekosmos bei. X – zuvor Twitter – hat seit Monaten Probleme damit, neue Advertiser für die eigene Plattform zu gewinnen. Vergangenes Jahr warnte mit der GroupM sogar das größte Werbeunternehmen der Welt vor dem Kauf von Anzeigen auf Twitter. Zu den Gründen für die Vorsicht der Advertiser gehört die Risikominimierung; immerhin hat X viele Richtlinien zur Content-Moderation gelockert, billigt Hate Speech und hat auch die Accounts von Personen wie Donald Trump und Kanye West alias Ye, die durch Misogynie, Antisemitismus und Gewaltverherrlichung aufgefallen waren, wieder freigeschaltet.
Ob X für die unmarkierten Ads von der FTC oder anderen Behörden in den USA zur Rechenschaft gezogen wird, bleibt abzuwarten. Womöglich sind auch diverse Daten, die über die Ads ohne Label für die werbetreibenden Unternehmen generiert wurden, nicht rechtens einsetzbar.
Schluss mit Twittern:
X macht Tweets zu Posts, Ads sind schwer erkennbar
– an einigen Ecken lebt Twitter weiter

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