TikTok-Mitarbeiter:innen gaben gegenüber Forbes kürzlich zu, dass einige US-Angestellte des Unternehmens die Möglichkeiten besitzen, in den Algorithmus einzugreifen und Videos manuell zu pushen. Nach eigenem Ermessen können sie so beispielsweise „Prominente und aufstrebende Entwickler:innen in die die TikTok Community einführen.“ Der Social-Media-Experte Matt Navarra teilt den Forbes-Bericht zu diesem brisanten Thema mit seiner Twitter Community.

Forbes beruft sich in dem Bericht auf sechs aktuelle und ehemalige Mitarbeiter:innen von TikTok und der Muttergesellschaft ByteDance sowie interne Dokumente und Mitteilungen, die von dem US Publisher überprüft wurden. Diese Quellen bestätigen konkret, dass die Mitarbeiter:innen von TikTok und ByteDance nicht immer nur den Algorithmus entscheiden lassen, welche Videos viral gehen. In einigen Fällen spielen sie selbst den TikTok-Gott und wählen Videos aus, um deren Verbreitung anzuheizen.

Offiziell bestätigt: TikTok-Mitarbeiter:innen entscheiden, welche Videos viral gehen

Die Bestätigung ist Teil eines umfassenden Berichts über TikToks sogenannten Heating Button, der laut Forbes von Mitarbeiter:innen genutzt werden kann, um ausgewählte Videos zu verbreiten. Sie haben die Macht, darüber zu bestimmen, welche Videos auf die For You-Seiten vieler User gelangen, was dazu beitragen kann, die Aufrufe zu steigern. Der TikTok-Algorithmus, der auf Basis der User-Interessen und Videoeigenschaften funktioniert und reguliert, welche Videos viral gehen oder nicht, wird in den Fällen, in denen Mitarbeiter:innen eingreifen, umgangen.

Wie oft werden Videos werden von TikTok-Mitarbeiter:innen verbreitet?

Jamie Favazza, ein Sprecher von TikTok, sagte gegenüber Forbes, dass die Steigerung der Aufrufe bestimmter Videos nicht der einzige Grund für die Aufweichung der Algorithmusstrategie sei. TikTok möchte auch „einige Videos fördern, um das Inhaltserlebnis zu diversifizieren“, fügte er an. Favazza stellt auch klar, dass TikTok-Mitarbeiter:innen nur in seltenen Fällen Videos manuell verstärken und behauptet weiter, dass lediglich „0,002 Prozent der Videos in For You Feeds“ gepusht werden.

Laut einem internen Dokument, das Forbes vorliegt, machen manuell verbreitete Videos jedoch etwa ein bis zwei Prozent der gesamten täglichen Videoaufrufe aus.

Ohne Hinweise: TikTok spült nicht organisch erfolgreiche Videos regulär in die User Feeds

Laut des Forbes-Berichts werden von Mitarbeiter:innen geförderte Videos nicht mit einem Label verwesen, das auf den Push vonseiten der Plattform hinweist. Ads oder gesponserte Beiträge unterliegen auf Social-Media-Netzwerken jedoch regulär einer Kennzeichnungspflicht. Grundsätzlich gilt: Wer für einen Beitrag in einem sozialen Netzwerk eine Gegenleistung erhält, muss diesen als Werbung kennzeichnen. Auch wenn die Veröffentlichung des Beitrags an bestimmte Vereinbarungen oder Bedingungen geknüpft ist, unterliegt dieser der Werbekennzeichnungspflicht. Dies gilt für alle Beiträge über Produkte und Dienstleistungen, Marken und Unternehmen sowie Regionen, Events und Reisen.

Die geförderten TikToks erscheinen jedoch wie alle anderen Videos, die aufgrund des ausgeklügelten Algorithmus an viele User ausgespielt werden, in deren For You Feeds.

Wer profitiert von TikToks Heating Button?

Die Informationen darüber, dass TikTok eigenständig bestimmte Videos fördert, ist für viele nicht unbedingt überraschend. Seit Jahren existieren Berichte darüber, dass TikTok beispielsweise Politiker:innen und Brands mit Versprechungen, Inhalte zu fördern, davon überzeugt, die Plattform zu nutzen. Gleichzeitig haben einige Unternehmen, insbesondere aus der Musikbranche, keinen Hehl daraus gemacht, die Plattform für die Bewerbung ihrer Marken zu nutzen. Evelyn Douek, Professorin an der Stanford Law School und Senior Research Fellow am Knight First Amendment Institute an der Columbia University, sagt:

We think of social media as being very democratizing and giving everyone the same opportunity to reach an audience. To some degree, the same old power structures are replicating in social media as well, where the platform can decide winners and losers to some degree, and commercial and other kinds of partnerships take advantage.

So beeinflussen Social-Unternehmen die Popularität von Brands und Creatorn

TikTok wäre bei weitem nicht das einzige Social-Media-Unternehmen, das bei der Förderung bestimmter Videos mitmischt. Facebook wusste angeblich, dass das Unternehmen überhöhte Aufrufzahlen zeigte, und hat das „Problem“ nicht sofort behoben, um Werbetreibende und Medienunternehmen für die eigenen Dienste zu gewinnen. Schlussendlich wurde die Meta-Plattform für dieses Vergehen gerügt – das Unternehmen musste 40 Millionen US-Dollar zahlen, um einen Rechtsstreit wegen der Angabe falscher Zahlen beizulegen.

Zwar ist Facebooks Fall nicht in allen Punkten mit TikToks vergleichbar, da die TikTok-Videos immerhin echte Aufrufe erhalten. Doch, da sie nicht organisch, sondern stattdessen durch die Einflussnahme von Mitarbeiter:innen viral gehen, könnte der Effekt ähnlich sein: Am Ende schneiden ausgewählte Unternehmen auf TikTok besser ab, als sie es unter regulären und für andere Wettbewerber:innen fairen Umständen tun würden.

Unfair und undurchsichtig: Mögliche Folgen der Einflussnahme TikToks

TikToks Einflussnahme hat zur Folge, dass Unternehmen und Creator auf der Plattform unterschiedliche Chancen haben. Denn durch die Einmischung in den Algorithmus kann TikTok über Gewinner:innen und Verlier:innen auf der Plattform entscheiden. Creator und Brands verlieren möglicherweise einen Platz auf der For You Page von eigentlich interessierten Nutzer:innen an Unternehmen oder Personen, die engere Beziehungen zu der Plattform hegen. Einen internem Dokument zufolge führte ein Eingriff dazu, dass ein TikTok Account mehr als drei Millionen Aufrufe erhielt. Laut Forbes gab es Vorfälle, bei denen Mitarbeiter:innen sogar Inhalte aufgrund persönlicher Motive förderten, etwa Videos von Freund:innen, Partner:innen oder auch von ihnen selbst.

Durch solche Maßnahmen vonseiten der ByteDance-Tochter könnten Creator das Interesse an der Plattform verlieren, wenn ihre Videos im Vergleich zu denen von Personen, die enge Beziehungen zu TikTok pflegen, schlechter abschneiden würden. Die mangelnde Transparenz hinsichtlich TikToks Maßnahmen, um bestimmte Videos zu fördern, macht es schwierig, einzuschätzen, welche Videos organisch viral gehen.

TikTok, Meta und YouTube im Dreikampf um Brands und Creator

TikTok sieht sich derzeit mit einer erstarkten Konkurrenz konfrontiert und sucht nach Lösungen, populäre oder vielversprechende Kooperationspartner:innen auf der Plattform zu halten.

YouTube Creator können beispielsweise ab dem 1. Februar 2023 Werbeeinnahmen mit Shorts erzielen und Instagram bezahlt inzwischen Creator für die Erstellung von Reels. Wobei die Meta-Plattform die Reels-Verdienstmöglichkeiten Ende vergangenen Jahres reduzierte und darüber hinaus kürzlich erklärte, Videos zu stark gepusht zu haben. Zwar hat TikTok in Sachen Watchtime, Trendaffinität und Popularität im Dreikampf mit Meta und YouTube immer noch die Nase vorn; doch beim Thema Geldverdienen hat YouTube, vor allem mit der Werbemacht Googles im Rücken, schon seit Jahren eine starke Grundlage für Creator geschaffen. 

TikToks Entscheidung, ausgewählte Creator und Brands zu fördern, dürfte unter anderem von dieser verschärften Konkurrenzsituation herrühren.


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