Als Google im Frühjahr 2022 die Multisearch vorstellte, sprach Googles Senior Vice President Prabhakar Raghavan im Kontext der intuitiveren und multimodalen Suche von einer Neudefinition des Search-Bereichs. Nicht einmal ein Jahr später schrillen bei der noch immer mit Abstand wichtigsten Suchmaschine die Alarmglocken. Denn das inzwischen der Öffentlichkeit zugängliche KI-Tool ChatGPT von OpenAI lässt sich in vielerlei Kontexten für die Suche verwenden. Außerdem könnten Tools wie diese für eine enorme Disruption auf dem Suchmaschinenmarkt sorgen. Microsoft möchte die eigene Suchmaschine Bing, deren Relevanz in Deutschland und weltweit durch vielfache Nutzung belegt ist, zeitnah mit ChatGPT kombinieren. Andere Suchmaschinen sind Bing bereits einen Schritt voraus. Und Google muss sich womöglich eher früher als später an die Entwicklung anpassen, hat dafür aber bereits passende Technologien zur Hand.

You.com und Neeva bieten schon KI-Suchfunktionen an

ChatGPT ist in aller Munde, wird aktuell millionenfach genutzt und könnte bald Teil der Bing-Suchmaschinenerfahrung sein. Allerdings ist es auch möglich, dass die Informationsbeschaffung über das KI-Tool, bei der es ohnehin gilt, den Wahrheitsgehalt und die Aktualität der Aussagen zu prüfen, die zudem meist ohne Quellenangaben dargelegt werden, künftig nicht mehr kostenfrei zur Verfügung steht. Auch die geupdatete Dec 15 Version von ChatGPT ist bislang kostenfrei. Doch OpenAI muss täglich viel Geld zahlen, um den Dienst zu unterhalten. CEO Sam Altman twitterte im Dezember bereits, man wolle das Tool künftig monetarisieren.

Während ChatGPT die Digitalbranche noch in Atem hält, hat die Suchmaschine Neeva bereits eine KI-Suchfunktion integriert. Diese basiert laut CEO Sridhar Ramaswamy auf Künstlicher Intelligenz und Large Language Models (LLMs). Ramaswamy, der früher selbst für Googles Werbeprodukte zuständig war, erklärt auf Twitter, das KI-Such-Tool von Neeva sei anders als alles, was das Unternehmen oder ein anderes Unternehmen je entwickelt habe. Er liefert in seinem Tweet sogar eine Kostprobe der Funktionsweise.

Leider können vorerst nur US User auf die Funktion zugreifen, weshalb wir sie noch nicht testen konnten. Anders sieht es aber bei der Suchmaschine You.com aus. Diese integrierte Ende Dezember 2022 ebenfalls eine KI-Suchfunktion.

Diese wird YouChat genannt und du kannst sie selbst testen. Zwar gibt sie auf einige Nachfragen korrekte Antworten und liefert meistens auch Quellen dazu. Doch in vielen unserer Suchanfragen wurden veraltete Informationen ausgespielt. Das kann in mancherlei Hinsicht bedenklich sein. Angesichts der aktuellen Unruhen in Brasilien ist eine Fehlinformation wie jene, dass Jair Bolsonaro noch Präsident von Brasilien sei, mindestens als heikel einzustufen. Allerdings beantwortete YouChat uns die Frage in der Folge dann doch richtig. Darüber hinaus kann das KI-Tool aber komplexere Suchanfragen nicht immer zufriedenstellend bedienen. Bei einigen Suchanfragen zur englischen Monarchie wird die 2022 verstorbene Queen Elizabeth II. noch als lebend dargestellt. Du kannst YouChat auch fragen, ob du ChatGPT für die SEO einsetzen solltest. Die Antwort der Suchmaschine ist im Grunde legitim, weist jedoch nicht auf die Risiken hin.

Frage an das KI-Tool der You.com-Suchmaschine, Screenshot You.com
Frage an das KI-Tool der You.com-Suchmaschine, Screenshot You.com

Große Veränderungen für die Suche, wie wir sie kennen? Auch Google muss womöglich mitziehen

Ebenso wie ChatGPT hat auch YouChat noch Defizite – und User sollten sich nicht auf die Informationen verlassen, die über die KI-Tools generiert werden. Dennoch weisen diese Entwicklungen darauf hin, dass die Internetsuche sich rasch deutlich verändern könnte.

Im Interview mit OnlineMarketing.de erklärt auch Michael Witzenleiter, CEO und Gründer von Conversion Maker, dass ein nächster Schritt für eine KI wie ChatGPT im Search-Kontext liegen könnte: 

Der nächste große Schritt wäre die Echtzeitdatenanalyse, sprich, man bekommt inhaltlich korrekte Antworten zu tagesaktuellen Fragen. Das kann so banal sein wie, ‚Wie wird das Wetter heute?‘, aber auch gehaltvollere Fragen zu News, Marktentwicklungen und Kampagnen sind denkbar. Im Moment scheitert es noch an den Server- und Rechenkapazitäten. Denn Echtzeitdaten setzen voraus, dass viele Daten in kürzester Zeit verarbeitet werden. Diese Fähigkeit gibt es in der Größenordnung, die ChatGPT bräuchte, aktuell nicht am Markt.  Auch Nischenwissen ist aktuell kaum miteinbezogen. Das wirkt sich sowohl auf bestimmte Branchen als auch Interessensgruppen aus. Historiker:innen kommen beispielsweise bei ChatGPT schnell an ihre Grenzen, besonders wenn es um Themengebiete außerhalb der ‚westlichen‘ Geschichte geht. Fairerweise muss man sagen, dass es sicher niemals eine Lösung gibt, die allwissend ist, daher ist es ganz normal, dass OpenAI sich auf die gängigsten Themen fokussiert. 

Bei Google haben die jüngsten Entwicklungen rund um KI-Integrationen in Suchmaschinen sowie die Nutzung des Tools ChatGPT anstelle einer traditionellen Suchmaschine für Aufregung gesorgt. Laut der New York Times ist sogar der sogenannte Code Red ausgelöst worden. Google hat noch kein vergleichbares KI-Tool für Konversationen in die eigene Suchmaschine integriert. Doch das Unternehmen könnte durchaus auch auf diese Entwicklung reagieren. Immerhin hat Google beispielsweise mit LaMDA eine eigene Konversationstechnologie entwickelt, die komplexe Gespräche führen kann. Nach Angaben der New York Times hat Sundar Pichai, CEO von Alphabet und Google, mehrere Teams angewiesen, die Entwicklung von KI-Produkten schneller voranzutreiben.

Google sieht durchaus eine Gefahr für das eigene Such- und insbesondere Werbegeschäft entstehen. Denn mit Werbung setzte die Alphabet-Tochter allein im dritten Quartal 2022 über 54 Milliarden US-Dollar um, wovon knapp 39,5 Milliarden US-Dollar auf den Bereich Google Search & other entfielen. Um diese Marktmacht nicht zu gefährden, wird Google womöglich künftig auch auf KI-Integrationen setzen. Allerdings kann sich die Suchmaschine derzeit auch noch von Tools wie YouChat und ChatGPT absetzen und auf die Verlässlichkeit und Seriosität der meisten Suchergebnisse in den SERPs verweisen. Denn in Sachen Aktualität und Kontextualisierung hat Google zum aktuellen Zeitpunkt mehr zu bieten als die genannten Tools. Zudem liefern diese mitunter nicht nur mangelhafte oder falsche Informationen, sondern teils auch rassistische und sexistische Ausführungen.

Nichtsdestotrotz werden sich die KI-Funktionen weiterentwickeln und die Suche zweifelsfrei verändern – über kurz oder lang. Und dabei muss auch Google sich die Frage stellen, wie die Internetsuche künftig aussehen wird. Die Multisearch wird nicht das Ende der Fahnenstange sein, Google aber sicherlich noch lange die Go-to-Suchmaschine der meisten Menschen.


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10 Beispieloptionen: So setzt du die KI ChatGPT für die SEO ein

OpenAI-Logo vor ChatGPT-Hintergrund, © OpenAI
OpenAI-Logo vor ChatGPT-Hintergrund, © OpenAI

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